TV-Tipp: Goldrausch auf dem Acker: Streitfall Biogas

NDR: Montag, 12. März 2012, 22:00 bis 22:45 Uhr


Tanks der Biogasanlage in Neuhof (Kreis Ludwigslust) bei Zarrentin © dpa Fotograf: Jens Büttner
Detailansicht des BildesDie Tanks der Biogasanlage in Neuhof (Kreis Ludwigslust) bei Zarrentin stehen seit 2009.

Es gärt in der norddeutschen Ortschaft Tielen: Im beschaulichen Sackgassendorf, wo jahrzehntelang Frieden herrschte, kämpft Nachbar gegen Nachbar um den Zankapfel “Biogasanlage”. Die Energiewende wirbelt das Dorfleben durcheinander. Demonstrationen, Trillerpfeifen und Propaganda, Dinge geschehen, die man früher für unmöglich gehalten hätte. Selbst Drohungen gegen Leib und Leben hat es schon gegeben. Die einen befürchten die Industrialisierung ihrer Gemeinde, haben Angst um ihre Lebensqualität. Die anderen wollen profitieren vom Boom der nachwachsenden Energien.

Eine politisch forcierte Revolution vollzieht sich auf dem Lande: Energie wird zu einer Kernaufgabe der Landwirtschaft, und das hat weitreichende Konsequenzen. Ob Strom aus Biogas, oder Biodiesel und Ethanol für Fahrzeuge, die Landwirtschaft soll neue Märkte bedienen. Mais, Raps, Rüben oder Weizen, alles was intensiv wächst, kann und wird heute zu Energie vergoren. Das Resultat: Um die Agrarflächen sind regelrechte Verteilungskämpfe entbrannt. Ackerland ist Gold wert und auch die Rohstoffe, die darauf wachsen. Um zwei- bis dreihundert Prozent schnellen die Pacht- und Landpreise in die Höhe – ein echter Boom. Die Gegner der Bioenergie dagegen beklagen die Verschandelung der Landschaft und die Verarmung der Artenvielfalt, in machen Energie-Monokulturen können nicht mal Regenwürmer überleben.

Das Angebot der Politik ist verlockend für Landwirte und private Kapitalgeber. Der Staat zahlt die Subventionen nicht aus Steuergeldern, sondern mit dem Geld aller Stromkunden über die Stromrechnung. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) macht es möglich und garantiert den Betreibern satte Einnahmen und das auf 20 Jahre. Bauern sollen Energiewirte werden, so die Parole. Wo früher Milchkühe auf grünen Weiden grasten, stehen heute riesige stromproduzierende Betonkühe mit grünen Kuppeln, umringt von Mais. Allein in Niedersachsen gibt es bereits über 1.300 solcher Bio-Meiler, und bundesweit sind es schon 7.100. Die ländlichen Strukturen haben sich dramatisch verändert – eine Entwicklung, die noch vor wenigen Jahren niemand absehen konnte.

Überall wachsen sie aus dem Boden, die Biogasanlagen mit den grünen Kuppeln, am Rande der Dörfer oder mitten auf der Fläche. Und überall gibt es Streit um sie. “45Min” fragt: Biogas – Fluch oder Segen?

 

Autor/in: Tim Boehme,  Redaktion: Barbara Denz,  Regie: Tim Boehme

 

Wiederholung der Sendung: Freitag, 16.03.2012 um 06:00 Uhr